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Michael Stadler

Kaiser joe, inkognito

 

Witz als Waffe gegen die Mächtigen: Fritz von Herzmanovsky-Orlando zog mit skurril-anarchischen Wortkaskaden gegen das "Alte Österreich" zu Felde. In der Posse "Kaiser Josef und die Bahnwärterstochter" waren Kaiser, Hostaat, Beamtentum und Bahnwesen Zielscheibe seines bissigen Spotts. Der Komponist Werner Pirchner steuerte 1982 im Auftrag der Telfser Volksschauspiele eine kongeniale Vertonung des Bühnentestes bei: Die Suite "Do You Know Emperor Joe?" für Blechbläserquintett.
Dieser Werke nahmen sich das Wiener Kabinetttheater und das mund.ART-Quintett an und brachten es in einer fulminanten Inszenierung auf die Bühne. Die Mittel des Figurentheaters werden voll ausgeschöpft, um den absurden Grundton Herzmanovsky-Orlandos noch einmal zu überzeichnen. So tummeln sich allerlei Figuren "zweifelhafter Provenienz" am k.u.k. Bahnhof von Wuzelwang, der exakt 2817 Fuß und 14 Klafter über dem adriatischen Meer liegt. Mit den Gesetzen nehmen es die Bewohner weniger genau als mit den Höhenmetern. Eisenbahner wie der "kaiserlich erbländische Hilfsheizerstellvertretersubstitutengehilfe" Franz Teuxelsieder ziehen wildernd durch die Bergwelt, was dem inkognito in der Provinz herumreisenden Kaiser gar nicht gefällt. Doch um ein Haar hätte den Monarchen dasselbe Schicksal ereilt wie die frisch geschossene Gämse. Als Dank für seine Errettung erhebt Kaiser Josef die Bahnwärterstochter und ihren Wildschütz-Verlobten in den Adelsstand.
Das Kabinetttheater findet einen originellen Zugang zur parodistischen Posse, indem es die exakten Regieanweisungen von Herzmanovky-Orlando in den Mittelpunkt der Aufführung stellt und die Anmerkungen des Autors mit allerlei Puppen und Kulissen illustriert. Auch die Musiker werden aktiv in das Bühnengeschehen einbezogen. Sie verkörpern den Chor der Wilderer und schlüpfen in die Rollen so mancher anderen "Malefizpersonen". Rainer Küblöck und seinen Kollegen hat das sichtlich ebenso Spaß gemacht wie die schräge Musik Werner Pirchners. Seine Klangkarikaturen geben das Pathos von Hymnen gnadenlos der Lächerlichkeit preis. Volksmusikalische Motive, aber auch solche aus der klassischen Musik werden in Nummern wie der "Schmalspur-Polka" oder "Die Donau ist blau - Wer nicht?" parodistisch verdreht. Lustvoll zelebriert das mund.ART-Quintett die Persiflagen Pirchners und steigert damit die Aufführung zu einem Gesamtkunstwerk des absurden Humors.